Nutzerkonto

Jens Ruchatz: Sisyphos sieht fern
Sisyphos sieht fern
(S. 80 – 89)

Was waren Episodenserien?

Jens Ruchatz

Sisyphos sieht fern
oder Was waren Episodenserien?

PDF, 10 Seiten

Serielles Erzählen ist bislang vor allem unter morphologischen Gesichtspunkten, aber kaum als Bedeutungsträger diskutiert worden. Die beiden Haupttypen seriellen Erzählens, series und serial, sollen darum als symbolische Formen auf ihre kulturelle Bedeutung hin befragt werden. Episodisches Erzählen, das in jeder Folge seine Handlung erfolgreich zur closure führt, insgesamt aber auf der Stelle tritt, lässt sich mit Albert Camus als Reflexion der Absurdität des modernen Daseins begreifen. Der Zuschauer episodischer Serien wird in die Position versetzt, die absurde Zyklizität zu bejahen, ist sie doch die Bedingung des fortgesetzten Erzählens. An The Prisoner und Miami Vice lässt sich zeigen, wie bestimmte Serien die existenzialistische Bedeutung des Seriellen nicht nur als Fundament mitführen, sondern inhaltlich produktiv machen, während die letzten Residuen rein episodischen Erzählens, Zeichentrickserien wie die Simpsons in ihrer ironischen Freilegung ihrer Erzählmittel andeuten, dass die Bedeutungsebene an Kraft verloren hat.

  • series
  • Temporalität
  • Episodenserie
  • Abgeschlossenheit
  • serial

Meine Sprache
Deutsch

Aktuell ausgewählte Inhalte
Deutsch, Englisch, Französisch

Jens Ruchatz

ist seit dem Wintersemester 2012/13 Professor für Medienwissenschaft mit dem Schwerpunkt audiovisuelle Transferprozesse an der Philipps-Universität Marburg. Habilitation mit der Arbeit «Interview – Celebrity. Ein medienhistorischer Beitrag zur Geschichte der Individualität
». Forschung und Lehre u. a. zu Geschichte und Theorie der Fotografie, Medientheorie des Populären, Medien und Gedächtnis, Medialität als Mediendifferenz, Theorien der Fernsehserie, aktuell Arbeit an der Publikation (mit Sven Grampp) Die Fernsehserie. Eine medienwissenschaftliche Einführung,
Bielefeld (transcript) 2012.

Gesellschaft für Medienwissenschaft (Hg.): Zeitschrift für Medienwissenschaft 7

Serielle Produktion, Strukturen und Ästhetiken der Serialität und serienförmige Zeit- und Verhaltensordnungen sind ein ausgezeichnetes Signum der Moderne. Sie sind eng verbunden mit den zyklischen Bewegungen der Maschinen und der damit einhergehenden serialisierten industriellen Produktion. Zugleich mit den seriellen Produktionsverfahren entstanden im 19. Jahrhundert serielle mediale Formen wie in Serien veröffentlichte Romane, Comics, Zeitschriften. Wie sehr sich die Serien der Produktion und die medialen Serien gegenseitig steigern, zeigt sich genau zu jenem Zeitpunkt, an dem Medien zu Massenmedien werden. Daher ist es nicht erstaunlich, dass das Prinzip der Serie sowohl in den Wissenschaften, Künsten und schließlich in der philosophischen Reflexion Einzug hielt.

 

Schwerpunktredaktion: Benjamin Beil, Lorenz Engell, Jens Schröter, Herbert Schwaab, Daniela Wentz