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Georges Perec: »Das Attentat von Sarajevo«
Szenische Lesung und Gespräch

31.03.2020, 19:30
Literaturhaus Berlin, Fasanenstraße Berlin 23 , 10719 Berlin

Bevor Georges Perec in den 1960er Jahren für sein Romandebüt »Die Dinge« ausgezeichnet und von dem Kollektiv Ouvroir de Littérature Potentielle (Oulipo) aufgenommen wurde, hatte er schon zwei Romane verfasst – aber nie veröffentlicht. Der erste literarische Versuch des 21-jährigen Perec, »Das Attentat von Sarajevo«, ist nun erstmals auf Deutsch erschienen. Der kurze Roman entfaltet seine Wirkung vor allem dann, wenn man ihn im Spiegel des gesamten Werks betrachtet: Denn hier ist es bereits erkennbar, das Spiel mit biographischen und historischen Fakten und das Experimentieren mit literarischen Formen – und wie politisch Perec war.

 

Mit Anne Hofmann, Olaf Kistenmacher und Birgit Ziener

 

Eine Veranstaltung in Kooperation mit Helle Panke e.V.

 

www.literaturhaus-berlin.de

 

Georges Perec

Georges Perec

war einer der wichtigsten Vertreter der französischen Nachkriegsliteratur und Filmemacher. Als Sohn polnischer Juden musste Perec als Kind die deutsche Besetzung Frankreichs miterleben. Sein Vater fiel 1940 als Freiwilliger in der französischen Armee, seine Mutter wurde 1943 nach Auschwitz verschleppt. Kurz vor ihrer Verhaftung konnte sie ihren Sohn mit einem Zug des Roten Kreuzes aufs Land schicken und ihm so das Leben retten. 1967 trat Perec der literarischen Bewegung Oulipo bei, die Raymond Queneau ins Leben gerufen hatte. Das Kürzel Oulipo steht für »L' Ouvroir de Littérature Potentielle«, d.h. »Werkstatt für Potentielle Literatur«. Die Schriftsteller von Oulipo, die aus dem »Collège de Pataphysique«, surrealistischen Gruppierungen oder dem Kollektiv »Nicolas Bourbaki« stammten, erlegten ihren Werken bestimmte literarische oder mathematische Zwänge auf, etwa den Verzicht auf bestimmte Buchstaben. Perecs Werk »Anton Voyls Fortgang« kommt so ganz und gar ohne den Buchstaben E aus. In den 70er Jahren begann Perec ebenfalls mit Erfolg Filme zu drehen. Kurz vor seinem 46. Geburtstag starb Georges Perec an Lungenkrebs.

Georges Perec: Das Attentat von Sarajevo

Georges Perec

Das Attentat von Sarajevo

Gebunden, 144 Seiten

ePub

1957: Georges Perec ist einundzwanzig. Er ist eingeschrieben im Fach Geschichte, doch in die Vorlesungen geht er nicht mehr. Er will schreiben, doch er kommt kaum dazu. Im Sommer 1955 hat er sich an einem ersten Buch versucht, dessen Text bis heute verschollen ist, im Sommer 1956 eine Psychoanalyse begonnen. Im Sommer 1957 fährt er nach Jugoslawien, wo er in wenigen Wochen seinen zweiten größeren Text schreibt. Zurück in Paris, redigiert er in aller Eile das Manuskript, diktiert es einer Schulfreundin, schickt es an Verlage, die es aber allesamt ablehnen, sodass er es einem Belgrader Malerfreund überlässt.

In dem schließlich wiedergefundenen und hier erstmals auf Deutsch publizierten Text begegnen wir einer Literatur zwischen jugendlichem Drang, ausgeprägtem Erzähltalent und reifendem Stilwillen: Ein amouröses Dreieck und weltgeschichtliche Katastrophe konvergieren in einer Erzählung, hinter der sich bereits die zentralen Motive von Perecs späterem Werk abzeichnen.