Die gängige Auffassung der Animation als Verlebendigung – das vom Animationsforscher Thomas Lamarre kritisch so bezeichnete illusion-of-life paradigm – greift für viele Formen der Animationskunst kurz, etwa für abstrakte Werke, für Filme ohne (handelnde) Figuren und ohne einen Plot im engeren Sinne. Das Paradigma erweist sich auch als unzureichend im Hinblick auf Beispiele, in welchen Daten visualisiert werden oder eine Idee oder Theorie durch animierte Bilder nicht eigentlich »in Bewegung versetzt« wird, sondern wo die in den Daten, Ideen oder Theorien bereits immanenten Bewegungen in bewegte Bilder übertragen werden. Eine prüfende Haltung gegenüber der bisherigen Animationsforschung wird in dieser Schrift angesichts solcher zeitgenössischen Werke eingenommen, die sich mit natürlichen Phänomenen auseinandersetzen, indem sie gemäß Naturgesetzen programmiert sind, Ergebnisse quantitativer Datenerhebung visuell verarbeiten und besonders auch Beispiele, die sich auf einer konzeptionellen Ebene mit Naturgesetzen, naturwissenschaftlichen Hypothesen oder der Praxis der Theoriebildung selbst befassen.
In »Very evidently in motion« wird ein Animationsbegriff entwickelt, welcher der Potenzialität der Animation Rechnung trägt, statt diese auf einen Mechanismus von Mangel und Ersatz (von Bewegung) zu reduzieren.