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Wissen

Eine Form für den Gesellschaftskörper
Eine Form für den Gesellschaftskörper

Igor Chubarov

Das Kollektivsubjekt oder die Masse als Subjekt

Im Grunde wurde das revolutionäre Ereignis in Evreinovs Performance auf der Ebene des theatralen Gestus und der therapeutischen Gestalt erst gestärkt und entwickelt. Auch Sergej Ejzenštejn hat sich, wenn auch später und wenn er dies auch abgestritten hat, in seinem Oktober wahrscheinlich auf Evreinovs in Fotografien und Chroniken dokumentierte Inszenierung gestützt. Anhand ebendieser Chroniken haben spätere Generationen von Sowjetbürgern die Revolution erinnert und wahrgenommen. Evreinov hat mit seiner Performance die Perspektivlosigkeit des naturalistischen Theaters bewiesen, welches einfach nur versucht, die...
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Dieter Mersch

Digital Disrupture

Theorien des Digitalen beziehen ihre Konjunktur aus einer zweideutigen Lage. Zum einen besitzen sie ihre Herkunft in den Visionen und Utopien der gegenkulturellen Aufklärung der 1970er Jahre, aus denen nicht nur der Personal-Computer, sondern auch die Medienwissenschaften und Medientheorien hervorgegangen sind, die den digital disrupture theoretisiert und unter Reflexion gestellt haben und nach deren Diagnose wir vor einer ebenso nachhaltigen Zäsur stehen wie die frühe Neuzeit mit der Erfindung des Buchdrucks. Alle Zeichen und Inhalte bisheriger Kulturen stehen damit auf dem Prüfstand, werden transformiert und von einer Entwicklung überholt, deren weitere Dynamik kaum absehbar ist. Die mit der Digitalisierung verbundene technologische Wende, so die allgemeine Analyse, werde alle Lebensverhältnisse dermaßen verändern und von Grund auf durchschütteln, dass mit Marshall McLuhan und dessen zusammen mit Quentin Fiore verfassten Buch, dessen Titel ironischerweise nicht lautet: The Medium is the Message, sondern The Medium is the Massage, von einer gründlichen ›Massage‹ des gegenwärtigen...

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Dieter Mersch

Digital disrupture

We really need an analysis of algorithmic conditions and their paradoxes and ambiguities that gives them an adequate framework and horizon. But instead we currently seem to be finding an algorithmic solution of the algorithmic, much as digital solutions are being offered for the problems of the digital public sphere, in the way that IT corporations, for example, use exclusively mathematical procedures to evaluate and delete “fake news,” inappropriate portrayals, or the violation of personal rights. This tends to result in a circularity that leaves the drawing of boundaries and raising of barriers solely to programming, instead of restoring them to our ethical conscience and understanding of what the social could mean today. The machine, by contrast, remains alien to any mechanical limitation—just as its inability to decide lies in the impossibility of self-calculation. The nucleus of digital culture should instead be sought where the cultural of culture is located:...

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    Analysen und Kritik moderner Ökonomie, deren Wissenschaft und Legitmation im Zeitalter der Finanzialisierung

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Jede Nummer eine Art Meta-Collage
Jede Nummer eine Art Meta-Collage

Stefan Zweifel

Georges Bataille. Geschichten des Auges

Abgehackte Rinderfüße vor Schlachthöfen, gewaltige Blutstriemen am Boden, hingepinselt nicht von Francis Bacon, sondern von anonymen Metzgergesellen, dann große Zehen von Menschen, die unsere verdrängte Unbeholfenheit und Hässlichkeit zeigen sollten, oder ersterbende Fliegen, die als dunkle Wolke des Todes auf Klebepapier wimmeln, zwischen all diesen fotografischen Ekelerregungskunststücken tauchte in der siebten Nummer der Zeitschrift »Documents« 1929 auch die Fotografie einer seltsam geformten Manuskriptrolle auf: die »120 Tage von Sodom«, jene schauerlichste Abrechnung mit dem Projekt der Aufklärung, die der Marquis...
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Aktuelle Texte

Andreas L. Hofbauer

Joch des Seins

Nicht durch Natur und ihre Fährnisse wurde Domestizierung erzwungen und der ökonomische Schrein ermöglicht. Tempel- und Totenkult, Opferung und Verteilung des Fleisches – noch für Homer sind alle Schlachttiere hieria, heiliges Vieh – und die Einhegung der Wildheit produzieren symbolischen und soziokulturellen Wandel, der für sesshafte, nahrungsproduzierende Gemeinschaften zu Vektor und Motor wird. Nicht Schafe, Ziegen oder Rinder domestizierte man im Anfang, sondern das zoon logon echon selbst war es, das sich vor und unter dem selbstgeschaffenen Kult-Joch verneigte. Warum, wissen wir nicht. Darüber hinaus ist entscheidend, dass, anders als bei den Pflanzen, sich nur sehr wenige Tierarten domestizieren (zur Ressource machen) lassen und man diesen Vorgang nicht mit Zähmung verwechseln sollte. Als Epiphänomen entwickelt sich ökonomischer Sinn. Er transformiert sich vom möglichen Menschenopfer, zum Tieropfer, zu Fleischteilung, in der Frühzeit der »griechischen« Antike dann zu den obeloi (Bratspieße, versehen mit unterschiedlichen Verdickungen, die als Token für den Fleischsold der...

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