Die Psyche ist wie eine unerschöpfliche Ressource, die es zu bewirtschaften gilt. Diese Aufgabe wird in modernen Gesellschaften an den Einzelnen delegiert. Und sie wird bei Fällen, deren Bilanz scheinbar allzu tief in das Soll gerutscht ist, an Institutionen wie die Psychiatrie überantwortet. In den Bilanzen aber, die von den Bewirtschaftungen Rechenschaft ablegen, erscheint das einzelne psychische Leben nicht: Es ist einzig in der Anwesenheit einer Abwesenheit gegeben. Und auch die Biografie, in der ein Prozess der Individualisierung glückt, erzählt kein psychisches Leben, sondern die Geschichte einer Karriere, in der die zeitliche Progression mit einem Zugewinn an Komplexität bzw. Kontur des Individuums einhergeht. Dass sich ein psychisches Leben nur als Karriere und fortlaufender Prozess von Integration und Desintegration des Individuums erzählen lässt, legt vermeintlich auch fest, wie überhaupt zu erzählen ist. In Karrieren herrscht eine Metaphorik der Ebenen vor: Die erzählte Welt ist eine Landkartenwelt, in der man reist, einen Aufstieg vollzieht (und einen Niedergang erleidet) oder auch einen geradlinigen Weg beschreitet, eine zielgerichtete Bewegung, die dann als curriculare Laufbahn gegen die Turbulenzen der Karriere ausgespielt werden kann. Wenn das Schreiben hingegen Veränderungen als Kommen und Gehen begreift, die Metapher der Ebenen wörtlich nimmt und das Papier als seine Voraussetzung begreift, dann werden strikte sachliche Zuspitzungen möglich: Man beschreibt ein Leben dann nicht mehr als das Problem von Individualisierung, kontinuierlicher Entwicklung und sozialer Identität, sondern als eine Folge von Projekten: Das sind Skizzen, Provisorien, mit denen man sich im Unsicheren einer Karriere eine Weile einrichten kann.