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Hubert Thüring: Interventionen zwischen Körper und Seele
Interventionen zwischen Körper und Seele
(S. 301 – 340)

Friedrich Glausers ›Matto‹ regiert und das biopolitische Dispositiv der Psychiatrie

Hubert Thüring

Interventionen zwischen Körper und Seele
Friedrich Glausers ›Matto‹ regiert und das biopolitische Dispositiv der Psychiatrie

PDF, 40 Seiten

Der Poetik des psychologischen Subjekts, dem die Bewirtschaftung seines psychischen Lebens geglückt ist, steht eine Poetik gegenüber, deren Subjekt nur mehr ein Datensatz in einem Aktenbündel ist und auf den Status eines »nackten Lebens« reduziert wird. Die Kriminalromane von Friedrich Glauser haben in einer Gegenbewegung zur psychologisierenden Literatur eine protokollarische Poetik ausgebildet, in der eine Diskursanalyse angelegt ist. Glauser analysiert, wie unter den Bedingungen der Biopolitik der Psychiater eine Sonderstellung und Macht über Leben und Tod erlangte. Die Patienten, an denen Psychiater wie Max Müller die neue Therapieform des Insulinschocks ausprobierten, waren rechtlose Subjekte, die ihr eigenes Leben in der Therapie aufs Spiel setzen mussten, um den Status eines Subjekts zu erhalten. In Glausers Kriminalromanen und den Akten der Psychiatrie, die Glauser als Patient kopierte, ist aufgezeichnet, was von einem solchen nackten Leben übrig blieb: Subjekte konstituieren sich, indem sie sich vom nackten Leben absondern, oder sie werden sonst auf den Status nackten Lebens reduziert.

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Hubert Thüring

hat deutsche und italienische Philologie studiert und ist Dozent und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Seminar der Universität Basel. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Gedächtnis in der Literatur und Philosophie des 19. und 20. Jahrhunderts, biopolitischer Lebensbegriff von 1750 bis 1935, Identität in Literatur, Psychiatrie und Recht um 1900, Textkritik, Text und Schreiben, Theorie der Literatur- und Kulturgeschichte. Zudem hat er Texte von P. Levi, G. Agamben, G. Didi-Huberman übersetzt.

Weitere Texte von Hubert Thüring bei DIAPHANES
Cornelius Borck (Hg.), Armin Schäfer (Hg.): Psychographien

Cornelius Borck (Hg.), Armin Schäfer (Hg.)

Psychographien

Broschur, 352 Seiten

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Die Psyche ist zum Inbegriff von Eigentümlichkeit und Identität des Menschen geworden, gleichwohl sie tief in neuroanatomischen Strukturen, biochemischen Prozessen und genetischen Dispositionen verankert ist und einem ständigen historischen Wandel unterliegt.

Dieser Band schreibt die Geschichte dieser permanent unruhigen Differenz als Teil einer allgemeinen Mediengeschichte: Handschrift und elektrische Schaltungen, Film und Rechenmaschinen, Literatur und Institutionen haben das Verständnis der Psyche maßgeblich geprägt. So erweist sich, dass sich die Psyche nicht von ihrer Erforschung abtrennen lässt, die dasjenige, was sie beschreibt, mit erzeugt: Es sind die Mächte der Medientechnologie, der Verwaltung und der Phantasmen, die den Anschein erwecken, dass der Mensch ein beseeltes Wesen sei.

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