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Dietrich Scholler: Vom Leben der Lebensmittel in Zolas »Le ventre de Paris«
Vom Leben der Lebensmittel in Zolas »Le ventre de Paris«
(S. 61 – 72)

Dietrich Scholler

Vom Leben der Lebensmittel in Zolas »Le ventre de Paris«

PDF, 12 Seiten

In Zolas Roman Le ventre de Paris bilden Lebensmittel als bereits industrialisierte Massenprodukte die realistisch-naturalistische Hintergrundkulisse für die Geschichte um den ›mageren‹ Revolutionär Florent, der aber mit seinen Umsturzplänen am Milieu der ›fetten‹ Markthallen scheitert. In der Regel stehen die Fisch-, Fleisch-, Obst- und Gemüseauslagen in metonymischer Relation zu den Milieus der Händler. Damit entsprechen sie der naturalistischen Doktrin mit ihren Ansprüchen an exakte Darstellung auf der Basis zeitgenössischer positivistischer Standards. Wie aber schon der metaphorische Romantitel andeutet, verselbstständigen sich die detailgenauen Lebensmitteldeskriptionen. Dabei verwandeln sich die metonymisch organisierten Beschreibungen in metaphorisch erzeugte Geschichten, die ein literarisches Eigenleben entwickeln – wie zum Beispiel in der Beschreibung der Molkereiprodukte. Letztere verweisen über Similaritätsstrukturen auf absente, nicht milieukonforme Referenten, die ihren Sitz im Imaginären des Erzählers oder der Figuren haben. Dadurch werden die Grenzen szientistischen Erzählens überschritten, und Zolas Darstellung der Lebensmittel erhält eine zunehmend mytho-poetische Dimension.
 

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Dietrich Scholler

hat derzeit eine Vertretungsprofessor am Romanischen Seminar an der Gutenberg-Universität  Mainz inne. Nach seiner Promotion zum Enzyklopädismus bei Flaubert, habilitierte er zu Themen und Verfahren hypertextueller Sinnbildung in der italienischen und französischen Literatur. Er ist Gründer und Mitherausgeber der Zeitschrift »Philologie im Netz«.

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In welchem Sinne sind die Künste, sind die Literaturen der Welt Mittel zum Leben im Leben, aber auch Mittel und Medien des Lebens selbst? Kein Zweifel: Literatur bzw. Kunst ist, weil sie mehr ist, als sie ist. Aber muss man dann nicht auch die Frage stellen: Was sie isst? Ist sie denn nicht, was sie isst? Was wäre die Literatur, was wäre die Kunst ohne das, was sie sich auf philosophischer, literarisch-intertextueller, naturgeschichtlicher oder naturwissenschaftlicher Ebene einverleibt, ja in sich hineinstopft? Ein verschiedenste Disziplinen querender Polylog unterschiedlicher Bereiche von Lebenswissen sucht den Weg für neue transdisziplinäre Forschungsfelder zu eröffnen. Die Grundsubstanz Nahrung als elementare Schnittstelle zwischen Kultur und Leben soll zur existentiellen Mitte des Lebens gelangen.

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