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Heike Weber: Den Stoffkreislauf am Laufen halten
Den Stoffkreislauf am Laufen halten
(S. 145 – 172)

Restearbeit und Resteökonomien des 20. Jahrhunderts

Heike Weber

Den Stoffkreislauf am Laufen halten
Restearbeit und Resteökonomien des 20. Jahrhunderts

PDF, 28 Seiten

Reste – das, was übrig bleibt und gemeinhin als Abfall oder Müll bezeichnet wird – sind zunächst durch eine negative Konnotation bestimmt: Man will sich ihrer entledigen. Zugleich wurde und wird ein reger Handel mit solchen Resten betrieben. Eingesammelt, weitertransportiert und sortiert nach den jeweiligen Materialitäten stellen sie Ressourcen für das weitere Produzieren dar. Bereits vor der Entdeckung des »grünen« Recyclings der 1970er Jahre bestanden solche Resteökonomien. Diskursiv wurden auch sie bereits von der Idee zusammengehalten und vorangetrieben, durch Resteverwertung einen quasi natürlichen Kreislauf der Stoffe schließen zu wollen, von der auch unsere derzeitige Vorstellung zum aktuellen Recycling getragen ist. Hinter dem Ideal eines angeblichen Stoffkreislaufs verbarg sich eine immense Sammel-, Sortier- und Trennarbeit, die damals wie heute kaum zur Kenntnis genommen wurde und die wie die Reste selbst an die Ränder der Gesellschaft verdrängt wurde.

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Heike Weber

ist Technik- und Umwelthistorikerin und derzeit Juniorprofessorin an der Bergischen Universität Wuppertal. Sie hat zu diversen Themen geforscht und publiziert, so zu mobilen Medien, zu Designgeschichte und der Popularisierung von Technik im 20. Jahrhundert. Zur Zeit arbeitet sie an einer komparativen Geschichte des Hausmülls in (West-)Deutschland und Frankreich (1890er bis 1970er Jahre), die den Müllumgang von seiner Entstehung im privaten Konsum der Haushalte bis hin zur öffentlichen Entsorgung über Müllabfuhr und diverse Abfallwirtschaften betrachtet. Zusammen mit Ruth Oldenziel hat Heike Weber ein Sonderheft zu Recycling and Re-use in the 20th Century (Contemporary European History 3, 2013) herausgegeben, welches die unterschiedlichen europäischen Wege in »Wegwerfgesellschaften« beschreibt.

Kijan Malte Espahangizi (Hg.), Barbara Orland (Hg.): Stoffe in Bewegung

Alles ist im Fluss – diese antike Weisheit feiert im durchglobalisierten Weltgeschehen fröhliche Urstände. Mobilität und Wandel sind die kategorischen Imperative der Zeit. Auch Stoffe bewegen sich rastlos über den Erdball, ebenso wie durch unsere Körper, werden fortlaufend umgestaltet und konstituieren so die materielle Welt, wie wir sie erleben. Ausgehend von diesem Befund wird eine Wissensgeschichte dieser materiellen Welt anvisiert, die nicht Strukturen, sondern stoffliche Überführungen und Umwandlungen – räumlich, zeitlich und substanziell – ins Zentrum rückt. Ohne der Versuchung zu erliegen, die Physikochemie mit ihrem elementaren Baukastenprinzip der Materie oder theoretische Figurationen aktueller Diskurse – Stoffkreislauf, Zirkulation, Stoffwechsel, Materialfluss – als historische Apriori zu setzen, entwickeln die Beiträge eine von Prozessen und Bewegungen ausgehende Natur- und Kulturgeschichte der materiellen Welt.

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