Dieser Beitrag untersucht am Beispiel einer Ästhetik des Prozessualen und Liquiden, die während des Nationalsozialismus in einer Wuppertaler Lackfabrik entwickelt wurde, wie ästhetische, politische, wirtschaftliche und technische Bedingungen die Ikonografie von Materialien bestimmen. Zwischen 1937 und 1944 entwarfen die Maler Willi Baumeister und Oskar Schlemmer, von den Nationalsozialisten mit Berufs- und Lehrverbot belegt, im Auftrage eines Industriellen eine ästhetische Tradition für die traditionslosen synthetischen Lackfarben, die bis ins alte Japan zurückzureichen beanspruchte und deren technische Verwendungszusammenhänge überhöhen sollte. Zugleich ermöglichte die Anonymität dieser Tätigkeit es ihnen, die utopischen Versprechungen einer abstrakten Moderne unter dem Schutzmantel der Materialforschung weiterzuverfolgen. Die Rekonstruktion der kunsttheoretischen und wissenschaftlichen Paradigmen, auf die Baumeister und Schlemmer zurückgreifen konnten, und die Rückschau auf die Hoffnungen, die von ganz unterschiedlichen Seiten mit Stoffen verknüpft wurden, legt die Mechanismen offen, die bei der Konstruktion von Materialbedeutungen wirksam sind.