Nutzerkonto

Nicolas Pethes: Beispielszeugung
Beispielszeugung
(S. 53 – 65)

Nicolas Pethes

Beispielszeugung
Heinrich von Kleists »Brief eines Mahlers an seinen Sohn«

PDF, 13 Seiten

Das problematische Verhältnis zwischen dem Beispielgeben als einer diskursiven Praxis und der im weitesten Sinne genealogischen Angelegenheit, ein Beispiel zur Nachfolge zu sein, ist zugleich eine Angelegenheit der Literatur. Zwischen Väter und Söhne tritt das Beispielhafte als Kampfplatz um das Vorbild. Nicolas Pethes befasst sich mit der exemplarischen Poetik in Kleists »Brief eines Mahlers an seinen Sohn«. Charakteristisch für Kleist findet sich hier das Beispiel ganz an die Stelle einer systematischen Darlegung ästhetischer Konzepte gerückt und es geht – wie so oft – um Zeugung: Der Beischlaf – in einer heiteren Sommernacht ›ohne weitere Gedanken‹ ein Mädchen geküsst – wird, gegen die Weimarer Klassik gerichtet, zur Metapher für das Hervorbringen von Kunst. Kunst, Sexualität und Beispiel treten in eine so enge strukturelle wie diskursive Kopplung, dass ›Niedrigkeit‹ und ›Unscheinbarkeit‹, d.h. Marginalität alle drei geradezu kennzeichnet.

  • Literaturwissenschaft
  • Germanistik
  • Diskursanalyse
  • Beispieltheorie
  • Archiv
  • Jacques Derrida
  • Paradigma
  • Michel Foucault
  • Rhetorik
  • Giorgio Agamben

Meine Sprache
Deutsch

Aktuell ausgewählte Inhalte
Deutsch, Englisch, Französisch

Nicolas Pethes

ist seit 2009 Professor für Neugermanistik an der Ruhr-Universität Bochum. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte sind: Wissenspoetiken, Fallgeschichten, Archivfiktionen.

Weitere Texte von Nicolas Pethes bei DIAPHANES
Christian Lück (Hg.), Michael Niehaus (Hg.), ...: Archiv des Beispiels

Beispiele zu geben ist eine fundamentale und unverzichtbare Praxis wissenschaftlicher Diskurse. Höchst unklar aber ist ihr theoretischer Status: In Hinblick auf allgemeine Gesetzmäßigkeiten, Begriffe und Sachverhalte scheint das Beispiel sekundär und austauschbar zu sein. Andererseits kann ein ›schlagendes‹ Beispiel ganze Argumentationen zu Fall bringen. Es ist Moment einer Praxis, die ihrerseits zu vertraut und zu verstreut ist, um selbst auf den Begriff gebracht werden zu können. Wissenschaft und Philosophie sind weitgehend blind für ihren Beispielgebrauch geblieben. Erst in jüngster Zeit wird dem zeitgenössischen Denken deutlich, dass mit dem Beispiel etwas auf dem Spiel steht. Im Anschluss an diese Erkenntnis fragen hier Forscher unterschiedlicher Disziplinen, jeweils von einem Beispiel ausgehend, ob und wie eine Diskursanalyse und damit eine Wissenschaft des Beispiels möglich ist. Es handelt sich um Vorarbeiten und Überlegungen zur Datenbank ›Archiv des Beispiels‹, die der systematischen Erfassung und Erforschung aller Beispiele dient.

Inhalt