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Peter Risthaus: Ganz der Vater? Randnotiz zu Kafkas Beispielen
Ganz der Vater? Randnotiz zu Kafkas Beispielen
(S. 175 – 186)

Peter Risthaus

Ganz der Vater? Randnotiz zu Kafkas Beispielen

PDF, 12 Seiten

Peter Risthaus liest Kafkas »Brief an den Vater« und die Erzählung Elf Söhne als juridischen Kampf um Beispiele, die gegen das Exempel-Vorbild des Vaters ins Feld geführt werden. In ihnen zeigt er die Beziehungsfalle, das double bind des Vaters, der durch Erzählungen aus seinem entbehrungsreichen Leben beschämt und zur Nachahmung lockt, sie aber zugleich verbietet. Als Beleg hierzu führt Kafka die ›Zürauer Abenteuer‹ seiner Schwester Ottla an, mit denen sie Arbeit und Entbehrungen des Landlebens auf sich nehmen wollte, damit aber beim Vater keine Anerkennung fand. Der ganze Vater-Brief weist die Struktur eines Beispiel-Streits auf, der den Unterschied kenntlich macht zwischen dem, was es heißt, ein Beispiel zu sein, und dem, was es heißt, ein Beispiel zu geben. Es geht um die genealogische Beziehung schlechthin, in welche die vielen Beispiele ein Trugbild einführen. Zugleich verweisen die gegen den Vater angeführten ›Wälder von Einzelheiten‹ auf die Literatur, in der der Beispiel-Streit zu Ende gebracht werden soll.

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Peter Risthaus

Peter Risthaus

ist akademischer Rat auf Zeit am Germanistischen Institut der Ruhr-Universität Bochum. 2005 promovierte er mit einer Arbeit zur Onto-Topologie. Zur Entäußerung des unverfügbaren Ortes von Heidegger zu Derrida und jenseits. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte sind: Geschichte und Theorie des Unterschreibens, Ideen der Absenz, Off-Stimmen in Literatur und Film. Zudem ist er Mitbetreiber des ›Archivs des Beispiels‹.
 

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Beispiele zu geben ist eine fundamentale und unverzichtbare Praxis wissenschaftlicher Diskurse. Höchst unklar aber ist ihr theoretischer Status: In Hinblick auf allgemeine Gesetzmäßigkeiten, Begriffe und Sachverhalte scheint das Beispiel sekundär und austauschbar zu sein. Andererseits kann ein ›schlagendes‹ Beispiel ganze Argumentationen zu Fall bringen. Es ist Moment einer Praxis, die ihrerseits zu vertraut und zu verstreut ist, um selbst auf den Begriff gebracht werden zu können. Wissenschaft und Philosophie sind weitgehend blind für ihren Beispielgebrauch geblieben. Erst in jüngster Zeit wird dem zeitgenössischen Denken deutlich, dass mit dem Beispiel etwas auf dem Spiel steht. Im Anschluss an diese Erkenntnis fragen hier Forscher unterschiedlicher Disziplinen, jeweils von einem Beispiel ausgehend, ob und wie eine Diskursanalyse und damit eine Wissenschaft des Beispiels möglich ist. Es handelt sich um Vorarbeiten und Überlegungen zur Datenbank ›Archiv des Beispiels‹, die der systematischen Erfassung und Erforschung aller Beispiele dient.

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